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Einem Menschen unterlaufen viele Irrtümer

Theaitetos und Sokrates brüteten über der Frage, wie es möglich ist, dass sich in der Kette der menschlichen Kognition überhaupt so etwas wie der Irrtum einschleicht. Jonathan Rauch stellt fest: „Im Lichte neuerer Forschungsergebnisse sollte die Frage allerdings eher lauten: Wie kann es sein, dass sich jemals keine Irrtümer einstellen? Die menschliche Kognition leidet unter allen möglichen Arten von Verzerrungen.“ Wiederholt hat sich die Existenz einer gleichbleibenden Gruppe von rund 100 Voreingenommenheiten nachweisen lassen, die das Leben eines Menschen kaputtmachen können. Dazu zählen unter anderem das Optimismus-Bias, das heißt, die Neigung der eigenen Erfolgsaussichten überzubewerten. Jonathan Rauch studierte an der Yale University. Als Journalist schrieb der Politologe unter anderem für das National Journal, für The Economist und für The Atlantic.

Durch Wiederholungen werden selbst Falschbehauptungen glaubhafter

Zu den Voreingenommenheiten zählend des Weiteren die Verfügbarkeitsheristik, die Tendenz, die Eintrittswahrscheinlichkeit von Phänomenen zu überschätzen, die sich einem Menschen eingebrannt hat – Terroranschläge, Kindesentführungen. Daneben gibt es laut Jonathan Rauch das Vertrautheitsvorurteil oder Wiederholungsbias. Dabei handelt es sich um eine Neigung, Dinge zu glauben, die man häufig hört – tatsächlich kann sogar die Widerlegung eine Falschbehauptung diese durch die schiere Wiederholung vertrauter und damit für einen Menschen glaubhafter machen.

Die Flüssigkeitsheuristik ist die Tendenz, Aussagen zu glauben, die leicht zu verstehen und zu assimilieren sind. Menschen sind eher dazu geneigt, akzentfreien Sprechern zu glauben oder Sätze als wahr anzunehmen, die in großen, fetten oder kontrastreichreichen Schriftarten gedruckt sind. Jonathan Rauch fügt hinzu: „Gleiches gilt für sich reimende Aphorismen und mit Fotos versehenen Aussagen, selbst wenn die Bilder keine relevanten Informationen vermitteln.“ Außerdem gibt es die Illusion asymmetrischer Einblicke, die Menschen zu der Annahme führt, dass sie die Überlegungen und Motive anderer besser verstehen als die einer eigenen Gruppe.

Viele Menschen sind blind für ihre Voreingenommenheiten

Dann gibt es auch den sogenannten Spielerfehlschluss, der Menschen erwarten lässt, dass eine geworfene Münze mit höherer Wahrscheinlichkeit Kopf zeigt, wenn sie vorher fünfmal hintereinander Zahl gezeigt hat. Der Ankereffekt führt dazu, die zu einem Thema zuerst erhaltenen Informationen überzubewerten. Beim Framing-Effekt handelt es sich laut Jonathan Rauch um die Neigung, sich von der Art und Weise beeinflussen zu lassen, je nachdem die Inhalte präsentiert werden.

Die Überlegenheitsillusion ist die Tendenz, die eigenen Kompetenzen zu überschätzen. Beim Beharrungsfehler handelt es sich um die Neigung, an Überzeugungen trotz ihnen widersprechender Belege festzuhalten. Jonathan Rauch ergänzt: „Zu all dem kann noch ein Meta-Bias hinzugefügt werden, denn eins der kennzeichnenden Merkmale unserer Voreingenommenheiten ist, dass sie uns blind für unsere Voreingenommenheiten machen.“ Oft denken Menschen gerade dann, dass sie am vernünftigsten sind, und sich gerade dann am sichersten, wenn sie in Wirklichkeit am weitesten danebenliegen und sich am stärksten haben täuschen lassen. Quelle: „Die Verteidigung der Wahrheit“ von Jonathan Rauch

Von Hans Klumbies

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